- Offizieller Beitrag
»Feldkeller« Kitty (58) zapft das letzte Bier
SIMONE PAULS
Traditionskneipe bis Ende 2005 dicht
Links neben dem Tresen hängt ein blaues Schild mit weißer Schrift. "Freibier gibts morgen" steht da. Das ist falsch. Freibier wird es morgen nicht geben, auch in den nächsten Wochen und Monaten nicht. Und das liegt nicht daran, dass Wirtin Kitty Wendt (58) geizig wäre. Es ist die Kneipe, die es morgen nicht mehr geben wird. Der "Feldkeller" in der Feldstraße 47 (St. Pauli) macht vorübergehend zu. Heute ist der letzte Tag.
Einen Monat lang hat Kitty Wendt von morgen an Zeit, um die Kneipe zu räumen. Das Haus ist baufällig und wird grundsaniert, der Betrieb muss in der Zeit ruhen. Die Wirtin und ihr Mann Heini (65) schließen heute die Tür zu ihrer Kneipe schon am Nachmittag zu, dann packen sie ein.
"Das ist schon ein gemischtes Gefühl, wenn man die Kneipe nach so langer Zeit verlässt", sagt Kitty Wendt. Seit 100 Jahren gibt es in dem Haus eine Gastwirtschaft, seit fast 30 Jahren ist sie die Chefin. Die Gäste sind traurig, dass ihr Stammladen schließt. Viele Blumensträuße sind in den vergangenen Tagen abgegeben worden. Gäste kamen vorbei, um den Wirtsleuten und Kneipenhündin Paula (3) Tschüs zu sagen.
Zum Beispiel Schwenkgrillbesitzer Peter Schneider (64), der vor 50 Jahren zum ersten Mal in die Kneipe kam. Damals hatten nur Schausteller Zutritt, die Angestellten mussten draußen bleiben. Da hatte Wirtin Agnes, die Vorgängerin von Kitty Wendt, ein Auge drauf. Mittlerweile darf in den "Feldkeller" jeder rein. Häufigste Gäste sind heute Schausteller und FC St. Pauli-Fans.
Wenn es schlecht läuft, könnten sie den "Feldkeller" nach der Sanierung kaum wiedererkennen. Die Deckenmalerei mit den frivolen, nackten Mädchen oder das Nebenzimmer, das mit alten Dom-Plakaten beklebt ist, sind Markenzeichen der Gaststätte. "Mir wurde versprochen, beides bei der Sanierung vorsichtig zu behandeln. Aber ob es tatsächlich erhalten werden kann, kann man nicht vorhersehen", sagt Kitty Wendt. Sie wird die Auszeit für Urlaub nutzen. Und die Bauarbeiten von ihrer Wohnung gegenüber beobachten. Freibier im "Feldkeller"? Die Chance gibt es erst wieder im Oktober 2005, dann ist die Wiedereröffnung geplant.